Veranstaltungen

Die Unversönlichkeit von Ansichten zeigte sich einmal mehr in einem Energieforum der Ilmenauer FDP am Dienstagabend im Hotel Tanne mit dem umweltpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Lutz Knopek.

Es blieb nicht aus, dass sich von den 40 Gästen einige am Pro und Kontra Atomstrom und Erneuerbare Energien ereiferten, zumal dieses Pro und Kontra auch im Podium mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden war. Philipp Ruchala, der als Vertreter der Ilmenauer FDP die Diskussion moderierte, konnte außer dem Bundestagsabgeordneten auch Dr. Volker Bergmann, Inhaber eines Ingenieurbüros für erneuerbare Energien in Ilmenau und Christian Meyer zu Schwabedissen als Vertreter des Kraftwerksbauers AREVA NP begrüßen.

Lutz Knopek ließ keinen Zweifel daran, dass die Entwicklung erneuerbarer Energien notwendig ist, weil das Ende der fossilen Energieträger absehbar ist. Allerdings zweifelte er daran, dass damit der Klimawandel aufzuhalten ist, zumal es generell ungeklärt sei, ob der Mensch darauf wesentlichen Einfluss hat. Trotz der Notwendigkeit, erneuerbare Energien voranzutreiben, wandte sich der Bundestagsabgeordnete gegen eine Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien im Eilmarsch: "Das kostet richtig viel Geld und bedeutet weiter steigende Energiekosten." Besonders für die Industrie erwarte er auf diesem Weg Energiepreise, die die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Standort Deutschland in Frage stellen. So plädierte er für eine moderate Entwicklung der erneuerbaren Energien und von Speichertechnologien unter vorläufiger Beibehaltung der Kernenergie in einer Übergangszeit.

Als klarer Befürworter erneuerbarer Energien zeigte sich Volker Bergmann. Allerdings warnte er vor euphorischen Erwartungen, denn die Fluktuation, das heißt das Unstete dieser Energien, sei noch immer unkalkulierbar: "Bevor erneuerbare Energien andere ersetzen können, brauchen wir entsprechende Netze und Speicherkapazitäten. Das sind immer noch schwierige Probleme. Da müssen Wissenschaft und Industrie gemeinsam zupacken." Wie Knopek setzte sich Bergmann für die unbedingte Erhaltung einer Strom-Grundlast für die Industrie ein. Allerdings gig er davon aus, dass in der Tendenz die Bedeutung der erneuerbaren Energien wachsen werde, zumal er die damit verbundenen Probleme für lösbar halte.

"Mit großer Lust habe ich mein erstes Kernkraftwerk in Betrieb genommen", bekannte Christian Meyer zu Schwabedissen, der sich damit gleich mit seinen ersten Sätzen als Reizfigur gegenüber den Atomkraftgegnern in Szene setzte. Frank und frei bezeichnete er sich als Lobbyist für die Kernkraft: "Leider mit wenig Erfolg, denn in Deutschland haben wir seit vielen Jahren keine mehr gebaut..." Als Vertreter des Kraftwerkbauers AREVA , der von Kernkraftwerken bis zu Windkraftanlagen weltweit alles errichtet, was Energie erzeugt, war es zunächst sein Anliegen, den Beteiligten darzulegen, dass die Masse des Stromverbrauchs in der Wirtschaft am Arbeitsplatz stattfindet und nur etwa ein Fünftel im privaten Bereich verbraucht wird. Bei einer solchen Verbrauchsstruktur lasse sich sich die Energieversorgung vorerst nicht mit rein erneuerbaren Energien realisieren. Er rief zur Vernunft ohne Feindbilder auf, und dazu erneuerbare Energien zusammenzubringen.

In der Diskussion brachte Matthias Schlegel, Kreistagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen einen Gedanken ein, der vom Sachverständigenrat der Bundesregierung zu Umweltfragen stammt. Danach könne das Problem fehlender Speicherkapazitäten durch ein Zusammenschalten der Netze mit Norwegen gelöst werden. Die Kaskadenspeicherseen könnten mit Strom aus der Windenergie mit Wasser voll gepumpt werden. Bei Bedarf würde das Wasser wieder Strom erzeugen und so die Unstetigkeit der erneuerbaren Energien ausgleichen. Dr. Knopek ging davon aus, dass es nicht funktionieren werde, Norwegen als paneuropäischen Energiespeicher zu nutzen. Außerdem müsse die Energie nach Deutschland transportiert werde. Doch: "Überall wo ein neues Kabel gezogen werden muss, schießt eine Bürgerinitiative aus dem Boden, die das verhindern will!" Schwabedissen in einem solchen Modell eine erhebliche Energielücke. Außerdem sei ein solches Projekt von so schlechtem Wirkungsgrad, dass es sich wohl kaum lohne.

Mit den bekannten Argumenten warfen die Atomkraftgegner deren Befürwortern vor, sie würden ausblenden, dass Kraftwerksbetreiber die Kosten für die Entsorgung des Atommülls auf die Allgemeinheit und auf künftige Generationen abwälzen. Der Konter kam sofort. Die Kernkraftbetreiber hätten enorme Rückstellungen für die Entsorgung aufgebaut, die inzwischen mehrfach von der Bundesregierung abgeschöpft worden seien, so Meyer zu Schwabedissen. Knopek unterstrich in diesem Zusammenhang, dass man sich von dem Gedanken langsam löse, dass Atommüll tief in der Erde vergraben werden müsse. Das seien Wertstoffe, die in der Zukunft noch gebraucht würden. Der dadurch hervorgerufenen Empörung setzte Meyer zu Schwabedissen entgegen: "In Deutschland wird diese Frage auf dem technologischen Niveau der 1960er Jahre diskutiert."

Christoph Schnittler schließlich, emeritierter Professor für Physik der TU Ilmenau, ließ keinen Zweifel daran, dass auf längere Zeit nicht auf Kernkraft zu verzichten sei: "Wenn weiter wie bisher an der Ausschließlichkeit der erneuerbaren Energien gearbeitet wird, werden wir in Deutschland eine Entindustrialisierung erleben." Er kritisierte zugleich die Art und Weise wie der Klimawandel dafür instrumentalisiert wird: "Die vielen Wissenschaftler, die mit seriösen Argumenten dagegen auftreten, dass der Mensch die Ursache für den Klimawandel sei, werden in diesem Land längst nicht mehr gehört."



Artikel veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Rauprich.

TRIA-ONLINE.EU, vom 03.03.2011

03.03.2011 TRIA-ONLINE/Wolfgang Rauprich